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Interview mit Mark Shuttleworth zum GNOME Desktop 3.0

DerStandard.at hat ein sehr informatives Interview mit Mark Shuttleworth (Gründer von Canonical und Vater von Ubuntu) über die Zukunft des Linux Desktops GNOME geführt. Hier eine kurze Zusammenfassung des Interviews

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X.org – X-Window-System

derStandard.at: Betrachtet man die aktuellen Schwierigkeiten bei X.org und vor allem das Fehlen eines vernünftigen Release Managements: Wäre das nicht eine Investitionsmöglichkeit?

Shuttleworth: Es gibt diese Vorstellung, dass man mit Geld alle möglichen anstehenden Probleme lösen kann,  meiner Erfahrung nach, ist das aber ein Trugschluss. Beim Release Management sind es schlussendlich die Entwickler selber, die den meisten Einfluss auf den Veröffentlichungszeitpunkt haben. Beim Kernel hat man diese Probleme mittlerweile hinter sich gebracht, dort gibt es nun ein sehr gutes Release Management, aber das resultiert aus einer starken Führungspersönlichkeit.

Wenn die Community ein Problem mit X hat, sollte sie dies den Entwicklern klar machen. Dabei wird man aber schnell herausfinden, dass es einfach so ist, dass die Entwickler so begeistert von den aktuellen Fortschritten sind, dass sie ein bisschen den Blick darauf verloren haben, wie ihr Code in einer Distribution landet, wie er auf den Desktops der User ankommt, schließlich benutzen sie selbst ja meist den aktuellsten Stand aus der Codeverwaltung.

derStandard.at: Im Nachhinein betrachtet: Hätte man etwas anders machen können, um die Probleme mit dem Grafikserver in Jaunty abzufedern?

Shuttleworth: Um das klarzustellen: Es gab nur ein wirklich schwerwiegendes Problem im Zusammenhang mit X, und das auch nur mit der Hardware eines einzelnen Herstellers. Und sobald klar war, dass es hier ein Problem gibt, hat sich der Hersteller diesem aktiv gestellt, er hat uns direkten Zugriff auf die Entwickler gegeben, es gab hier ein echtes Bedürfnis die Situation zu lösen. Man sollte vielleicht noch herausstreichen, dass der betreffende Hersteller – Intel – massiv in die Weiterentwicklung von X investiert. Insofern wäre es wohl verfehlt zu sagen, dass Intel all diese Probleme verursacht hat, wenn sie eigentlich gerade dabei sind entscheidende Verbesserungen an X vorzunehmen.

GNOME 3.0 – Der Ubuntu Desktop

derStandard.at: Für den April 2010 steht wieder eine Long-Term-Support-Release (LTS) an, GNOME 3.0 sollte knapp davor herauskommen. Ist das unter diesem Blickpunkt wirklich ein glücklich gewählter Zeitpunkt?

Shuttleworth: Nun – das ist eine sehr spannende Frage. Der Kern ist hier doch: Wie geht man mit einer Situation um, in der eine Distribution eine Langzeit-Release veröffentlicht, und die Upstream-Projekte einen anderen Zeitplan haben. Ich denke es lohnt sich hier zu fragen: „Ist es für die Projekte wertvoll, wenn es solche Langzeit-Releases gibt?“ Ein Punkt, dem eigentlich jeder zustimmt, die Frage ist dann nur wann man solche Releases vornimmt. Bis jetzt gab es hier keine klaren Strukturen, ich denke in Zukunft wird sich das ändern.

derStandard.at: Wäre es für Ubuntu angenehmer, wenn GNOME 3.0 verschoben werden würde?

Shuttleworth: Nein, überhaupt nicht. Die GNOME 3.0-Arbeiten sollen nach dem vorgesehenen Zeitplan verlaufen, das wollen wir nicht beeinflussen. Viel wichtiger ist es eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, was wir in der LTS ausliefern sollen. Es wäre ja auch nicht im Interesse der Entwickler, wenn wir etwas an 10 Millionen User ausliefern, was noch nicht wirklich fertig ist, es sind schließlich ihr Ruf und ihre Reputation, die darunter leiden.

derStandard.at: Was halten Sie von den für GNOME 3.0 vorgeschlagenen Änderungen, im speziellen von der GNOME Shell?

Shuttleworth: Zunächst mag ich mal festhalten, dass erfrischend ist, den Willen zum Bruch mit der Vergangenheit zu sehen, man muss offen für Neues sein, um wirklich Innovatives bieten zu können. Was GNOME gezeigt hat, ist, dass man innerhalb des Open Source Ökosystems kurze Release-Zyklen haben kann und doch Innovationen Stück für Stück in einer sehr gut wartbaren, stabilen Art abliefern kann. Was KDE4 demonstriert hat, ist, dass man sich auch einmal hinsetzen kann und wirklich interessante, grundlegende  Umbauten durchführen kann. Meine Hoffnung ist, dass GNOME3 beide Erkenntnisse zusammenführt, so dass wir eine gelungene neue Release sehen sowie kontinuierliche Verbesserungen und Weiterentwicklungen.

Momentan wäre es aber auch noch zu früh, um über die GNOME Shell ein endgültiges Urteil abzugeben. Ich war damals ja dabei, als die GNOME Shell bei einem Hackfest in Boston entworfen wurde und bin davon überzeugt, dass das grundlegende Konzept und die Herangehensweise die richtige war und ist. Erst wenn die User das wirklich benutzen wird vieles von dem, was damals nur Striche auf einer Tafel waren, klarer werden.

Ich empfinde das jedenfalls als sehr wichtige Arbeit, und ich denke, dass wird wirklich super für GNOME, aber ich glaube auch, dass sich die GNOME Shell noch ein ganzes Stück verändern wird, bevor die Benutzer wirklich sagen „Das ist großartig“.

derStandard.at: Gibt es etwas, das Ihnen bei der Vision für GNOME3 abgeht?I

Shuttleworth: Anfänglich gab es einige Diskussionen über einen Punkt, der viel weniger sichtbar ist, und dass war die Frage wie Dateien besser organisiert werden können – ich habe damals auch darüber gebloggt. Ganz ehrlich denke ich, dass das eigentlich für die User Experience am GNOME Desktop der wesentlich größere Fortschritt sein könnte, wenn hier eine vernünftige Lösung gefunden wird. Ich bin ja in der letzten Zeit selbst zunehmend in die Usability-Arbeite bei Canonical eingebunden, und habe dabei verblüfft festgestellt, dass viel Benutzer einfach nicht mit Dateien und Ordnern umgehen können. Das ist wirklich etwas, das im Moment für praktische niemanden wirklich vollständig funktioniert. Das gilt speziell für den Linux Desktop, wo jede Anwendung so ihre eigene Vorstellung davon hat, wo sie die eigenen Dateien abspeichern soll. Besonders kritisch ist es dann, wenn man Content in einer Anwendung hat, den man man in einer anderen öffnen will. Wenn also etwas als E-Mail-Anhang kommt, man es abspeichert und in einem anderen Programm wieder aufmachen will – das schaffen die wenigsten. Es ist verblüffend wie schlecht diese Bereich im Moment funktioniert. Deswegen haben wir uns dazu einiges überlegt, aber die Community hat das nicht aufgegriffen. Es ist sicher nicht so „sexy“ wie die optischen Neuerungen, aber ich denk es wäre wirklich wichtiger. Das heißt keineswegs, dass die GNOME Shell nicht wichtig ist, aber hier hätte es eine echte Chance gegeben. Und wenn ich mir ansehe, wo die User verzweifeln, dann ist das nicht bei der Fensterverwaltung, dann ist das nicht beim Starten von Anwendungen, das ist bei der Frage „Wo ist mein Zeug?“

derStandard.at: Aber ist das nicht ein Problem, auf das bisher niemand eine brauchbare Antwort gefunden hat – Mac und Windows inklusive?

Shuttleworth: Klar. Aber wenn wir das richtig hinbekommen würden, wäre das eine echte Chance, die Wahrnehmung des Linux-Desktops grundlegend zu verändern, weil die Leute einfach immer leicht das finden könnten, wonach sie suchen.

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Neuer Look, Neues Theme des Ubuntu Desktops

derStandard.at: Wie wichtig sind ein guter Look, ein nettes Theme für den Linux Desktop?

Shuttleworth: Nun – der erste Eindruck zählt, insofern ist das ziemlich wichtig. Aber das ist auch etwas, das nicht so ohne weiteres gut hinzubekommen ist. Wir beschäftigen mittlerweile einen Entwickler, der ein Experte für Theming-Techniken ist, um die Möglichkeiten in diesem Bereich grundlegend auszuloten. Um herauszufinden, was sich beim visuellen Auftreten der Anwendungen verbessern lässt, etwas das bisher weitgehend vernachlässigt wird.

derStandard.at: Selbe Frage, nächstes Jahr: Wird es in der nächsten Ubuntu-Release ein neues Theme geben?

Shuttleworth: Bevor man kein klar definiertes Ziel hat, ist es besser bei dem zu bleiben, was man hat, nicht war? Ich weiß, ich habe das in der Vergangenheit schon einmal gesagt, was meiner Glaubwürdigkeit in diesem Bereich nicht unbedingt zuträglich ist, aber wir sind langsam in einer Position, wo ich ein gutes Gefühl habe, dass wir das schaffen.

derStandard.at: Aber auf eine fixe Release wollen Sie sich nicht festlegen?

Shuttleworth: Wir werden definitiv ein neues Theme für die nächste LTS haben.

Hier geht es zum Original nterview in voller Länge

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